Internationale Rahmenwerke für das Nachhaltigkeitsreporting
02.May.2024 10:51
Wer legt die Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeitsreporting fest und Wie unterschieden sich die verschiedenen Konzepte?
Nachhaltigkeitsbericht. ESG Reporting

Beitragsbild: Myriam Jessier – Unsplash.com

Wer legt die internationalen Rahmenbedingungen für das Nachhaltigkeitsberichtswesen fest?

Die unterschiedlichen Player und ihr Fokus

1. Global Reporting Initiative (GRI)

Die GRI ist sicherlich eine der bekanntesten Organisationen. Ihre Richtlinien werden bereits seit weit über 10 Jahren im Nachhaltigkeitsreporting angewendet.
 
GRI-Standards sind ein modulares System miteinander verbundener Standards und informieren über die positiven und negativen Beiträge einer Organisation zu einer nachhaltigen Entwicklung.

2. IFRS Stiftung bzw. Foundation (IFRS)

Die IFRS Stiftung ist nicht nur eine der weltweit bedeutendsten Organisationen, die globale Rechnungslegungsstandards entwickelt.
 
Sie vereint zunehmend auch Gruppierungen, die Rahmenbedingungen für das Nachhaltigkeitsberichtswesen erschaffen. Diese sollen zunehmend Teil des IFRS Standards werden.

2.1 International Sustainability Standards Board (ISSB)

Das ISSB wurde im November 2021 von der IFRS-Stiftung gegründet und gehört zu ihr.

Ein wesentliches Mandat des ISSB ist die Erstellung und Entwicklung von Nachhaltigkeitsbezogenen Finanzberichtsstandards zur Erfüllung der Anforderungen von Kapitalmarkt und Investoren an die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist. Die Standards des ISSB werden daher auf die Berichterstattung von Nachhaltigkeitsinformationen fokussieren, die aus finanzieller Sicht wesentlich sind. 
 
Mit der Integration der Value Reporting Foundation in die IFRS-Stiftung zum 1. August 2022 werden auch die Standards des SABS durch die ISSB genutzt und integriert werden.
 
Die ISSB hat bereits beschlossen, dass die ersten, neuen Standards IFRS S1 als auch IFRS S2 für Geschäftsjahre gelten sollen, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen.

2.2 Sustainability Accounting Standards Board (SASB)

Das SASB hat einen ESG-Leitfadenrahmen veröffentlicht, der Standards für die Offenlegung von finanziell relevanten Nachhaltigkeitsinformationen durch Unternehmen gegenüber ihren Investoren festlegt. Insgesamt verfolgen die SASB-Standards ESG-Themen und -Leistungen in 77 Branchen gemäß der SASB-Materialitätskarte.
 
Mit Wirkung vom 1. August 2022 wurde die Value Reporting Foundation, die die SASB-Standards entwickelt hat, in die IFRS Foundation integriert, die das erste International Sustainability Standards Board (ISSB) gegründet hat.
 
Die SASB-Standards stehen nun unter der Aufsicht des ISSB. Das ISSB wird auf den SASB-Standards aufbauen und den branchenbasierten Ansatz des SASB zur Entwicklung von Standards in den Entwicklungsprozess des ISSB einbetten. Das ISSB fordert Ersteller und Investoren aktiv auf, die SASB-Standards weiterhin voll zu unterstützen und zu verwenden, bis die SASB-Standards zu den IFRS-Standards für die Offenlegung von Nachhaltigkeit werden.

2.3 International Accounting Standards Board (IASB)

Das IASB ist verantwortlich für die die Entwicklung von globalen Rechnungslegungsstandards und steht unter der Aufsicht der IFRS-Stiftung.

Es ist eine unabhängige Gruppe von Experten mit  aktueller, praktischer Erfahrung bei der Festlegung von Rechnungslegungsstandards, bei der Erstellung, Prüfung oder Verwendung von Finanzberichten und in der Rechnungslegungsausbildung. Zudem muss das Expertenteam auch geographisch diversifiziert sein.

Obwohl hier zur Vollständigkeit aufgeführt, ist das IASB ist nicht direkt mit der Schaffung von Rahmenbedingungen für das Nachhaltigkeitsreporting betraut. Es erhält diese von dem ISSB, das ein Teil der IFRS-Stiftung ist.

3. Vereinte Nationen bzw. United Nations (UN)

3.1 UN Global Compact - Fortschrittsbericht bzw. Communication on Progress (COP)

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine zentrale Anforderung für die Teilnahme am UN Global Compact. Die Initiative versteht sich nicht als zertifizierbarer Standard oder als Regulierungsinstrument, sondern als ein offenes Forum, um Veränderungsprozesse anzustoßen und Ideen zu teilen.

Das aktuelle Framework ist ein Fragenkatalog, der sich in 5 Bereiche unterteilt:

  • Governance
  • Menschenrechte
  • Arbeitsnormen
  • Umwelt
  • Anti-Korruption

3.2 UN Social Development Goals (SDG)

Die UN hat 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals (SDG)) wurden am 25. September 2015 auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2015 am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie sollen weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene dienen.

Im Wesentlichen sollen die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung:

  • Armut und Hunger beenden und Ungleichheiten bekämpfen
  • Selbstbestimmung der Menschen stärken, Geschlechtergerechtigkeit und ein gutes und gesundes Leben für alle sichern
  • Wohlstand für alle fördern und Lebensweisen weltweit nachhaltig gestalten

Ökologische Grenzen der Erde respektieren: Klimawandel bekämpfen, natürliche Lebensgrundlagen bewahren und nachhaltig nutzen.

Die Besonderheit des SGD Reportings ist die Kontextualisierung der eigenen Initiativen zu den globalen Entwicklungen und Zielen. Die klassische Nachhaltigkeitsberichterstattung ist also nicht 1:1 auf eine SDG-Berichterstattung übertragbar. Hierfür sind Transferschritte notwendig.

Der SDG-Compass kann eine wertvolle Orientierung und Anregung bieten. Die Intention ist aber, dass Unternehmen weiterhin gemäß der Prinzipien existierender Standards berichten zu lassen.

4. Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD)

Die TCFD wurde vom Financial Stability Board (FSB) gegründet. Sie soll Empfehlungen zu entwickeln, welche Informationen Unternehmen offenlegen sollten, um Investoren, Kreditgeber und Versicherungsnehmer bei der angemessenen Bewertung und Preisbildung eines bestimmten Risikosatzes zu unterstützen – Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

5. Carbon Disclosure Projekt (CDP)

Während zur Gründung des CDPs einzig der Klimawandel  relevanter Fokus der Arbeit war, wurde über die Zeit ein breiterer Kriterienkatalog entwickelt.

Dieser beinhaltet z.B.

  • Offenlegung von Umweltdaten wie Treibhausgasemissionen und Wasserverbrauch
  • Management von Umweltrisiken
  • Best Practices im Zusammenhang mit Umweltführung, wie zum Beispiel das Setzen ehrgeiziger und bedeutender Ziele
  • Vollständigkeit der Offenlegung
  • Bewusstsein für Umweltauswirkungen
  • Strategien zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und Risikosteuerung
 
Damit bewertet das CDP Unternehmen mit den Noten A (beste) bis D (schlechteste). Die Note A wurde u.a. vergeben an BASF, E.ON, HeidelbergCement, Metro, Robert Bosch, Symrise, Thyssenkrupp und Zalando.

6. World Business Council for Sustainable Development (WBCSD)

Die WBCSD ist eine führende globale Gemeinschaft von über 200 der weltweit führenden nachhaltigen Unternehmen unter der Leitung von CEOs, die gemeinsam daran arbeiten, die Systemtransformationen zu beschleunigen, die für eine netto-null-, naturpositive und gerechtere Zukunft erforderlich sind.
 
Auch das WBCSD engagiert sich um Rahmenbedingungen für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung. Es hat ein Programm namens „Reporting Matters“, das Unternehmen dabei hilft, die Wirksamkeit ihrer Nachhaltigkeitsberichte zu erhöhen und indirekt dazu beiträgt, dass Mitglieder über das gesamte Spektrum der Social Development Goals (SDG) berichten. Eine entsprechende Publikation 
mit identischem Titel wurde 2012 veröffentlicht.
 
Das WBCSD unterstützt auch einen einheitlichen Ansatz zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und hat zusammen mit 57 Organisationen einen offenen Brief an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union unterzeichnet.

7. Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK)

Der DNK existiert seit 2011 und bietet einen Rahmen für die Berichterstattung zu nichtfinanziellen Leistungen, der von Organisationen und Unternehmen jeder Größe und Rechtsform verwendet werden kann.

Der DNK unterstützt den Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie und bietet einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Hier sind einige der durch den DNK geschaffenen Rahmenbedingungen für das Nachhaltigkeitsreporting:

  • Um den DNK zu erfüllen, erstellen Anwender in der Datenbank eine Erklärung zu 20 DNK-Kriterien und den ergänzenden nichtfinanziellen Leistungsindikatoren. Zudem gibt es Hinweise zur Anwendung und Prüfung.
  • Der DNK gibt Orientierung, wie die CSR-Berichtspflicht sowie der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte praktisch umgesetzt werden kann und bietet die Option im Sinne der EU-Taxonomie zu berichten.
  • Die allgemein zugängliche DNK-Datenbank erzeugt Sichtbarkeit. Die veröffentlichten Berichte können miteinander verglichen werden.

8. Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation zw. International Labour Organization (ILO)

Als Arbeitsorganisation hat die ILO mit ihren 187 Mitgliedsstaaten im Juni 1998  auf der 86. Tagung der internationalen Arbeitskonferenz 5 Grundprinzipien ohne Gegenstimme angenommen, die sich alle im Bereich der Arbeitsbedingungen bewegen:

  1. Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
  2. Beseitigung der Zwangsarbeit
  3. Abschaffung der Kinderarbeit
  4. Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
  5. Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
 
Diese Grundprinzipien haben eine große Relevanz im Nachhaltigkeitsberichtswesen, wenn es um Arbeitsbedingungen geht.

 

9. Securities and Exchange Commission (SEC)

Last but not least werfen wir einen kurzen Blich über den Atlantik.
Denn auch die US-amerikanische Wertpapier- und Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission, SEC) hat in 2022 Vorschläge zur Offenlegung von klimabezogenen Informationen veröffentlicht.
Nach diesen Vorschlägen müssten börsennotierte Unternehmen in den USA künftig ihre auf den Klimawandel bezogene Risiken sowie Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeit auf das Klima offenlegen.

© Roman Koehler 2024

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